Großer Schlag gegen Automatensprenger: Zahlreiche Festnahmen und Durchsuchungen nach internationalen Ermittlungen
Gemeinsame Pressemitteilung von
Staatsanwaltschaft Osnabrück und Polizeidirektion Osnabrück
Openbaar Ministerie Noord-Holland und Politie Noord-Holland
in enger Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt, Europol und dem EU-Projekt ISF LUMEN
18 Bandenmitglieder ermittelt, mindestens 23 Taten ermittelt, 8 Festnahmen, 26 Objekte durchsucht, 5,5 Millionen Euro Schaden
Am 16.11.2023 wurden im Rahmen einer Pressekonferenz der beteiligten Behörden und unter Beteiligung der niedersächsischen Ministerinnen Behrens (Innenressort) und Dr. Wahlmann (Justizressort) in Osnabrück folgenden Ermittlungsergebnisse vorgestellt:
Bei einem gemeinsamen Großeinsatz von niederländischen und deutschen Polizei- und Justizbehörden sind am 15. November 2023 acht mutmaßliche Mitglieder einer kriminellen Vereinigung, die unter anderem Geldautomatensprengungen begeht, unter Einsatz von Spezialkräften der niederländischen Polizei festgenommen worden - darunter auch ein mutmaßlicherer Drahtzieher. Weitere zehn Bandenmitglieder konnten ermittelt werden. Außerdem durchsuchten die rund 200 Einsatzkräfte im Rahmen des länderübergreifenden Joint Action Days insgesamt 26 Wohnungen und Geschäftsräume. Auch Sprengstoffspürhunde sowie niederländische Sprengstoffexperten waren im Einsatz.
Die 18 Beschuldigten werden verdächtigt, als Teil einer kriminellen Vereinigung an mindestens 23 Sprengungen von Geldautomaten in Deutschland beteiligt gewesen zu sein (eine Übersicht finden Sie am Ende der Mitteilung). Dabei entstand ein Beute- und Sachschaden von mehr als 5,5 Millionen Euro. Die sieben per europäischem Haftbefehl festgenommenen Männer und die per nationalem niederländischen Haftbefehl festgenommene Frau befinden sich zurzeit in niederländischer Untersuchungshaft. Bei den 26 Durchsuchungen, von denen 22 in den Niederlanden (Großraum Noord-Holland) stattfanden, beschlagnahmten die Ermittler umfangreiches Beweismittel. In den Niederlanden fanden die Ermittler weit über 100.000 Euro Bargeld, in Teilen auch eingefärbt. Derzeit wird weiteres sichergestelltes Bargeld in den Niederlanden gezählt. Darüber hinaus konnten fünf Fahrzeuge beschlagnahmt werden. Zudem fanden die Ermittler illegale Explosivstoffe. In Amstelveen musste wegen dieser Funde aus Sicherheitsgründen das betroffene Mehrfamilienhaus teilweise evakuiert werden. Auch hochwertiger Schmuck und teure Uhren wurden gefunden. Bei den vier Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen konnten Unterlagen bei Mietwagenfirmen sichergestellt werden. Die betroffenen Mietwagenfirmen selbst stehen jedoch nicht in Verdacht, sondern mögliche Personen, die dort potentielle Tatfahrzeuge angemietet hatten.
Die erfolgreichen Ermittlungen und Festnahmen sind das Ergebnis einer intensiven, internationalen Zusammenarbeit zwischen der niederländischen und deutschen Länderpolizei, dem Bundeskriminalamt und Europol. Die Polizei Noord-Holland sowie eine Ermittlungsgruppe der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück ermitteln unter Federführung der „Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldausgabeautomatensprengungen“ der Staatsanwaltschaft Osnabrück seit einem Jahr gemeinsam wegen diverser Sprengstoffanschläge auf Geldautomaten in vier Bundesländern, darunter Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen. Die siebenfestgenommenen Männer im Alter 19 bis 27 Jahren stammen aus Alkmaar, Amstelveen, Amsterdam, Haarlem, Heerhugowaard en Rotterdam. Die 23-jährige Frau aus Haarlem steht unter Verdacht, mit den Erlösen aus den Geldautomatensprengungen Geldwäsche betrieben zu haben. Einer der festgenommenen Männer soll bei zahlreichen Taten eine Schlüsselrolle bei der Vorbereitung und Durchführung der Geldautomatensprengungen innegehabt haben. Möglicherweise können den insgesamt 18 Beschuldigten noch weitere Taten zugeordnet werden. Die Ermittlungen dauern an.
Michael Maßmann, Präsident der Polizeidirektion Osnabrück, sagte zu dem großen Erfolg deutsch-niederländischer Ermittlungsbehörden: „Heute ist ein guter Tag im Kampf gegen die kriminellen Machenschaften der Geldautomatensprengerszene. Mit diesem außerordentlichen Schlag sind wir unserem Ziel, die kriminellen Strukturen aufzuhellen und zu zerschlagen, ein weiteres Stück nähergekommen. Wir bekommen immer mehr Einblicke, wie Täter angeheuert werden und Hintermänner agieren. Wir wissen, die Kriminellen handeln nach dem Prinzip, Crime as a Service. Das heißt, unterschiedliche kriminelle Dienstleistungen werden in Anspruch genommen, um die Taten professionell ausführen zu können. Ich bedanke mich bei allen Partnern, die an diesem internationalen Großeinsatz beteiligt waren, für die hervorragende Arbeit. Besonders möchte ich mich auch bei unseren niederländischen Freunden bedanken, mit denen wir seit Jahren eng und erfolgreich zusammenarbeiten. Eines wird deutlich: Der Druck auf die Kriminellen wächst weiter. Wir setzen unsere Ermittlungen konsequent fort.“
Auch Bernard Südbeck, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Osnabrück, zeigte sich sehr erfreut über das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen. „Das vorliegende Verfahren zeigt einmal mehr, wie wichtig ein gut funktionierendes Netzwerk für die erfolgreiche Bekämpfung von Geldausgabeautomatensprengungen ist. Durch gemeinsame Anstrengungen der niederländischen und deutschen Staatsanwaltschaften und Polizei sowie unter Einbindung des Bundeskriminalamtes und von Europol konnte ein empfindlicher Schlag gegen die Szene der Automatensprenger geführt werden. Die bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück angesiedelte landesweite Zentralstelle ist ein wichtiger Schlüssel für ein solches Netzwerk und ermöglicht eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit auf bundesweiter und europäischer Ebene. So ist dies bereits der zweite erfolgreiche Großzugriff innerhalb nur eines halben Jahres.“
Hintergrund:
Nach einem Hinweis niederländischer Behörden zu einer Tat im August 2021 in Osnabrück kamen die Ermittlungen ins Rollen. Dabei konnten die Ermittlungen auf europäischer Ebene durch die konzentrierte Mitwirkung von Europol sowie durch das von der Polizeidirektion Osnabrück geführte EU-Teilprojekt „LUMEN-ATM“ vertieft und verdichtet werden. Für die Sprengungen der Automaten verwendeten die Täter ausnahmslos Festsprengstoff. Ein Trend, den auch das Bundeskriminalamt für das gesamte Bundesgebiet bestätigt. Diese Sprengstoffe führen auch in den Niederlanden zu großen Risiken, denn diese werden in Wohngebieten zusammengebaut und gelagert.
Die Täter agieren oft in wechselnden Zusammensetzungen innerhalb eines großen kriminellen Netzwerkes. Sie nehmen große Risiken für sich und andere in Kauf und werden darüber hinaus mühelos durch neue junge Mitglieder ersetzt. Die Täter gehen äußerst riskant und skrupellos vor – sowohl am Tatort als auch bei der Flucht mit ihren PS-starken Fahrzeugen. Untersuchungen zeigen, dass ein großer Teil der einschlägigen Taten von den Niederlanden aus begangen wird. Um Verdächtige aufzuspüren, arbeiten niederländische und deutsche Polizei- und Justizbehörden daher seit längerer Zeit intensiv zusammen. Aufgrund erhöhter Sicherheitsmaßnahmen und der Reduzierung der Zahl von Geldautomaten in den Niederlanden haben die Kriminellen ihr Tätigkeitsfeld ins Ausland verlagert. Im letzten Jahr verzeichnete das Bundeskriminalamt mit bundesweit 496 Taten einen Rekordwert.
Nach den ersten beiden größeren Erfolgen im Kampf gegen Geldautomatensprengungen im Herbst 2021 und im Sommer 2022 war dies bereits der dritte Schlag, an dem Ermittler der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück maßgeblich beteiligt waren.
Übersicht der aktuell der Tätergruppierung zugeordneten Taten:
Tatort | Tatzeit |
Osnabrück-Hellern | August 2021 |
Recklinghausen | Dezember 2021 |
Salzgitter | Januar 2022 |
Salzgitter | Januar 2022 |
Leichlingen | Januar 2021 |
Rösrath | Januar 2022 |
Viersen-Boisheim | Januar 2022 |
Dinslaken-Lohberg | Januar 2022 |
Bebra | Februar 2022 |
Kruft | Mai 2022 |
Ulmen | Mai 2022 |
Meerbusch | Oktober 2022 |
Grevenbroich | Oktober 2022 |
Mönchengladbach | Oktober 2022 |
Essen-Kupferdreh | Dezember 2022 |
Essen-Kray | Dezember 2022 |
Issum-Sevelen | Dezember 2022 |
Erkelenz-Gerderath | Dezember 2022 |
Geldern-Walbeck | Dezember 2022 |
Aldenhoven | Januar 2023 |
Hückelhoven | Januar 2023 |
Willich-Anrath | Januar 2023 |
Duisburg-Grossenbaum | Januar 2023 |
Kontakt:
Marco Ellermann
Polizeidirektion Osnabrück
Dezernat 01 – Presse-/Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 0049-541-327-1024
E-Mail: marco.ellermann@polizei.niedersachsen.de